Von einer Marketingperspektive aus betrachtet, hat das Metaverse als Kanal noch keine wirkliche Bedeutung erlangt. Daher wurde es von Philipp Westermeyer in seiner »State of the German Internet 2023« Keynote bei der OMR 23 als einer der Verlierer des Jahres 2023 betitelt. Dies ist nachvollziehbar, da es aus der Sicht des Online-Marketings um Reichweitenpotenziale geht, die ein Touchpoint für Marken mit sich bringt. Im Vergleich zu TikTok und anderen Plattformen sind aktuelle metaversische Plattformen wie Decentraland, Spatial oder Metas Horizon jedoch nahezu irrelevant.
Die Zeit der PR-Stunts mit schnell gezimmerten Dependancen in solchen Plattformen ist vorbei und aktuell scheint abseits von Gaming Plattformen kein neuer Stern am Social 3D-Plattform-Himmel aufzugehen.
Also ist das Metaverse bereits tot? Wir glauben nicht. Im Gegenteil: Es hat noch gar nicht richtig angefangen!
Das Metaverse in seiner Vision als konsequenter Weiterentwicklung des Internets in Richtung Immersion, Synchronität und sozialer Interaktion steckt noch in der Steinzeit. Wir stehen quasi da, wo wir in den 1990ern im Bezug zum WWW waren. Entsprechend zögerlich zeigen sich Markenverantwortliche, wenn es darum geht, Projekte in diesem Bereich anzuschieben. Vor allem, wenn es nach außen, also direkt an die Business Zielgruppe der Unternehmen gehen soll. Zu groß ist das Risiko, dass man für viel Budget einen Brandspace entwickelt, der am Ende zur »Dead Mall« wird.
Also lieber sein lassen und warten, bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist?
Aus der Perspektive der strategischen Markenführung ist es nicht ratsam, zu lange zu warten. Recht groß ist die Gefahr, als wenig innovativ und risikoavers zu wirken oder gar den Zug zu verpassen. Zudem gibt auf diversen Ebenen noch viel zu lernen, denn das Metaverse als Touchpoint stellt völlig neue Anforderungen an die Markenkommunikation. Was kann man jetzt tun?
Wir haben vier Handlungsempfehlungen zusammengefasst.
Um die Marke im dreidimensionalen, digitalen Raum sichtbar zu machen, muss das Markendesign dafür fit gemacht werden. Konkret kann man als Brandmanager*in damit beginnen, das Corporate Design Manual entsprechend anzupassen. Wie können aus 2D-Grafiken 3D-Objekte werden? Welche Rolle können die Distinctive Brand Assets dort spielen? Wie unterscheiden sich Ihre virtuellen Räume von denen Ihrer Marktbegleiter? Welche UX Prinzipien repräsentieren die Marke und wie werden diese in VR übersetzt?
Das Update des CD Manuals ist dafür ein erster logischer Schritt. Dabei gilt es, Regeln zu definieren und essenzielle Designelemente als 3D Objektdaten zur Verfügung zu stellen. Hierbei geht es nicht darum, ein Manual für alle möglichen Szenarien zu entwickeln, sondern darum, den Teams, die an diesen Projekten arbeiten, die notwendigen Grundlagen an die Hand zu geben und gemeinsam mit den Projekten Schritt für Schritt zu wachsen. Ein gutes Beispiel dafür ist das CI Manual für XR von DHL.
Nachdem die Grundlagen des Corporate Designs in die Extended Reality übertragen wurden, kann man einen Schritt weiter denken. Der dreidimensionale, digitale Raum bringt noch weitere Anforderungen mit sich, die über die einfache Übertragung des Bestehenden hinaus gehen.
Immersion braucht gute Gestaltung, damit daraus eine einzigartige Markenerfahrung entsteht. Durch die Erweiterung der Wahrnehmung der User gewinnen Aspekte wie Lichtstimmung und Sounddesign an Bedeutung. Eine weitere Chance liegt in der Avatarisierung der Marke, um mit anderen Usern in den Dialog zu treten. Der Brand Avatar sollte durchdacht und strategisch fundiert entwickelt sein, um die Werte und den Charakter der Marke zu transportieren.
Ein weiteres Feld öffnet sich mit der Fragestellung nach den zugrunde liegenden Prinzipien der Gamification in virtuellen Markenwelten. Wenn User nicht mehr wie auf Websites durch clevere Nutzerführung zu den Botschaften geleitet werden, sondern eher explorative Erlebnisse erfahren, kommen andere Mechanismen zum Tragen. Es geht dabei um spielerische Anreize zur Interaktion mit Belohnungsprinzipien. Vernachlässigt man diese Faktoren, werden virtuelle Welten schnell zu öden Räumen ohne echtes Engagement.
CUPRA (Seat) hat mit dem CUPRA - Metahype jüngst eine virtuelle Insel gelauncht, in der User gegeneinander virtuelle Rennen mit CUPRA Modellen fahren können. Zudem können die Besucher*innen als Avatare die Markenwelt spielerisch erkunden und im Stil einer Quest Belohnungen einsammeln.
Es ist absehbar, dass Definitionen zu Gamification Mechanismen in den Kanon des Corporate Designs Einzug halten werden. Darum empfehlen wir, sich frühzeitig damit zu beschäftigen, um Erlebnisse gestalten zu können, die wirken.
Die Möglichkeiten, virtuelle Räume für Unternehmen zu nutzen, gehen über klassische Marketingmaßnahmen hinaus. So zeichnen sich im Bereich VR positive Ergebnisse bei der Wissensvermittlung über VR Learning ab. Dies findet Einsatz beim Onboarding oder eben Learning for the Job, wie es zum Beispiel DHL Express einsetzt. Und natürlich gilt es auch hier, die Marke konsistent abzubilden und eine eigene, individuelle Atmosphäre zu schaffen.
Ein anderer Anwendungsfall für digitale 3D-Welten sind Kollaborationsräume, in denen Teams sich standortübergreifend virtuell treffen, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Hierfür gibt es bereits einige Plattformen wie Glue, Meta Workrooms oder Raum. Diese bieten standardisierte Räume, aber auch die Möglichkeit, diese individuell zu gestalten. Und so kommt das Thema Markendesign im Raum ins Spiel.
Ein interessantes Beispiel für einen eigenen Brand Space zur internen Anwendung ist der PwC Virtual Space.
Wenn man das Thema Metaverse angehen möchte, lohnt es sich, über den Marketingtellerrand hinaus zu blicken, um weitere Anwendungsfelder im Unternehmen zu erschließen.
Wie bei allem Neuen empfiehlt es sich, in Iterationen vorzugehen. Immerhin sind wir noch im Neuland für die Markenkommunikation. Gerade jetzt haben wir also (noch!) den Raum für Experimente. Nutzen Sie diesen!
Starten Sie mit einem kleinen Projekt in einem Bereich, in dem Sie sich sicher fühlen. Wir nennen diesen Space das Safeverse. Wie oben vorgestellt kann dies ein Kollaborationsraum sein, in dem Ihr Team erste Gehversuche in VR macht. Oder eine kleine VR-Experience, die spielerisch Ihre Brandstory inszeniert. Möglichkeiten bieten sich auch für überschaubare Budgets.
Ein einfacher Weg ist, bei einer der vielen 3D-Plattformen einen Space zu erstellen und dort zu experimentieren. Wir haben uns dazu zum Beispiel für die Plattform Spatial.io entschieden und dort einen Playground erstellt. Dafür haben wir Teile unserer Büros in Braunschweig und Berlin als digitale Zwillinge erstellt und erweitert. Wir nutzen den wirDesign Space, um Ideen auszutesten und uns dort mit Kolleg*innen und Kund*innen zu treffen. Darüberhinaus erzählen wir dort die Geschichte unserer Agenturhistorie passend zum 40. Jubiläum.
Der Wert liegt dabei vor allem in der Lernerfahrung für das Team und dem Erkennen von Chancen und Hürden, die für die Marke daraus erwachsen.
Die oben genannten Empfehlungen sind erste Schritte, die jede Marke unternehmen kann, um sich auf die Zukunft im Metaverse vorzubereiten.
Wenn Sie tiefer einsteigen möchten und das Thema für ihre Marke erschließen wollen, freuen wir uns über eine Nachricht.